Schlagwort-Archive: Buchbesprechung

Goldberg TV bespricht: Die heiklen Passagen…

Ja, manchmal findet eines der älteren Werke überraschend noch einmal ein Echo!
Mein Roman: Die heiklen Passagen der wundersamen Herren Wilde & Hamsun erschien 2015 und bleibt mein bis dato wohl erfolgreichstes Buch. Die Story rund um die vielen wenig bekannten Berührungspunkte in den Biographien Oscar Wildes und Knut Hamsuns wurde seinerzeit viel besprochen und sogar zum Kandidaten für die Hotlist 2016 gekürt.

Umso mehr freut mich, dass Buchblogger und Autor Anton Goldberg ihn nun für seine 20-teilige youtube-Reihe bookwatch ausgewählt und rezensiert hat. Seine ausführliche und sehr treffende Besprechung findet ihr hier oben. Ich bin sehr glücklich damit. Überhaupt lohnt es sich die gesamte Reihe anzusehen- es steckt viel Arbeit und ein guter Geschmack darin.

Vielen Dank für die Erinnerung an dieses Buch, das eine Monsterarbeit an Recherche und viel Durchhaltevermögen erforderte.
Die angenehmste und intensivste Zusammenarbeit mit einem ambitionierten Verlag, die ich bislang erleben durfte.

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Wir alle strahlen- Rezension im Lyrikraum

Im Lyrikraum von Birgit Böllinger findet sich heute eine weitere Rezension meines neuen Lyrikbandes „Wir alle strahlen“.
Ich weiß wieder gar nicht so recht, welche der so treffenden Sätze zu meinem Band ich nun zitieren soll- vielleicht:

Matthias Engels nimmt einem mit seinem neuen Gedichtband „wir alle strahlen“ mit auf eine Reise durch Innen- und Außenräume, geprägt von Melancholie und Lebenslust zugleich.
oder:
Der 1975 am Niederrhein geborene Schriftsteller stellt sich mit seinem jüngsten Lyrikband in eine große Tradition, weckt Assoziationen zu George, Benn, Trakl, Rilke und ist dabei jedoch auch ganz und gar gegenwärtig, ein Kind seiner Zeit.

Wie auch immer: vielen herzlichen Dank an Birgit Böllinger für die ausführliche und wohlwollende Besprechung.
Die vollständige Rezension gibt es HIER

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Wir alle strahlen -Rezension

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(Foto: Lyrikatelierfischerhaus)

Die erste Rezension zu meinem neuen Lyrikband Wir alle strahlen kommt vom Blog Lyrikatelierfischerhaus.  Ich weiß gar nicht, was ich aus der intensiven Auseinandersetzung mit den Texten des Bandes alles zitieren soll…

Vielleicht dies:

„Dieser Lyriker hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Ton und ich denke, ein größeres Kompliment kann man einem Lyriker kaum machen. Er ist wach, aufmerksam, erhaben und verhalten zugleich. Er vermisst die Welt….“

oder:

„Nie hat man es nur mit Skizzen zu tun. Immer sind es kristallklare Bilder. Jene sind so exzellent, das sie oft stauen lassen: „Der mond ist gegangen / und in der pfütze schnappen karpfen / nach den sternen //“.“

schließlich:

„Matthias Engels setzt einen besonderen Stein in das Mosaik der Gegenwartslyrik, dessen Farbintensität und Klangtiefe- und Schärfe noch immer zu wenig Beachtung geschenkt wird.“

Die gesamte Besprechung gibt es hier.
Vielen Dank für die Mühe und das Interesse, liebe Kerstin Fischer.

strahlen
Wir alle strahlen
gibt es für 15,50€ bei mir per persönlicher Nachricht (zzgl. Porto),
in jeder Buchhandlung oder HIER.

 

 

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Lütfiye Güzel: Dreh-Buch

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Was könnte man da für herrlich abgenudelte Wortspiele abspulen!
„Lütfiye Güzel hat den Dreh raus, verdreht Einem den Kopf, dreht durch…“

Aber lassen wir das lieber: Das Dreh–Buch der außerordentlichen Dichterin, die Schlag auf Schlag unter ihrem eigenen Label Go-Güzel publiziert, ist diesmal kein Lyrikband.

Aber was ist es denn?
Theater? -Ausgehend von einem Bühnen- oder Filmsetting läge das gar nicht so fern.
Aber nicht wirklich.

Was für`s Kino denn?- Nun, das wäre ein ganz besonderer Streifen- soviel darf gesagt sein. Also auch nicht, nicht in echt jetzt.

Lütfiye dreht –ha, noch so`n Wortspiel- das Genre Drehbuch hier komplett durch den Wolf. Sie greift es auf, hat wohl auch anfangs richtig Bock drauf- aber nur, um es ganz schnell zu verwerfen. Güzel-Kenner wissen: Keine Form ist stark genug, der Autorin seine Fesseln anzulegen. Ganz schnell bricht dieser Sound durch, sehr bald entsteht dieses typische Konglomerat aus innerem Monolog, sich selbst kommentierend und in Frage stellend und hochgradig lyrischen Passagen.

Hier dreht Güzel –ich kann`s nicht lassen– richtig auf:
Aus dem Film-Drehbuch wird ein Anti-Drehbuch, ein Anti-Film,
wird eine Dokumentation des nicht Film-und nicht drehbaren.
Vielmehr, so scheint es mir, wird der Text nun eine Art Prosa-Schule und ein Versuch darüber zu schreiben, was eigentlich erzählbar ist und was nicht.  Wobei der Fokus auf all dem liegt, was eigentlich -im filmischen Sinne- keine Story und keine großen Bilder hergibt- aber in Wahrheit einen viel größeren Teil der Wirklichkeit ausmacht als das Glamouröse und Pittoreske.

Angehende Autoren- gehet hin und leset diesen prosaisch-lyrisch-lakonisch dahinfließenden Text, der da einen Dreck gibt auf Formelles und Formales!
Lauscht diesem Sound! Tauchet statt in Breitbandpanoramen ein in Sofalandschaften, beschienen von Fernsehlicht. Vergesset den Weichzeichner und den Weitwinkel!
Das Dreh-Buch, so klein, so schmal es ist, birgt mehr Welt und Literatur als die meisten Hollywood-Melodramen.

Bestellen kann man die Werke Lütfiye Güzels direkt unter https://luetfiye-guezel.tumblr.com/BOOKS

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– verstehen ist ein prozess des auges- Rezension zu Anke Glasmachers: Brot und Spiele

verstehen
ist ein prozess des auges
denke ich

und banne
das photo aus meiner feder
noch bevor die rechnung kommt

Dieses Gedicht, betitelt mit Café de Brasileira, scheint mir ein sehr treffender und beinahe programmatischer Text:
für das Buch Brot und Spiele
und genauso für die Arbeitsweise seiner Autorin Anke Glasmacher!

Texte, die über das Auge funktionieren, dem Moment verpflichtet und somit nah an der Fotografie:  einer analogen, oder sogar eher noch altertümlichen allerdings, bei der das Bild noch unter Anwendung gewisser Geheimkniffe und einer angemessenen Langsamkeit in eine empfindliche Oberfläche geprägt wird.

glasmAnke Glasmachers Texte sind wohl überlegte Schnappschüsse, manche kenntnisreich doppelbelichtet und -fern von Landschaftsidyllen- urban, städtisch. Und: mit urban poems ist es auch unterbetitelt. Aber schon der eigentliche Name des Bandes weist in die richtige Richtung: Brot und Spiele: die Mittel, mit denen römische Herrscher ihr Volk und ihre Bürger leicht ruhig zu halten verstanden. So begegnet man den Menschen in Anke Glasmachers Gedichten auch maßgeblich unterwegs: von hier nach dort, ameisengleich umherwuselnd von einer schneller Nahrungsquelle zur nächsten, von der kleineren zur etwas größeren Attraktion. Transit-Volk: in Bars, in Cafés, auf Straßen- keine „Homestories“, wenig Home, wenig Heimat hier. Die Zigarette als immer wiederkehrendes und passendes Interims-Narkotikum zwischen zwei Zwischenstationen, denn schließlich ist sie ja aus lauschigen Innenräumen weitgehendst verbannt- wie auch der Kaffee sich heute im städtischen Raum zu einem Draußen-Phänomen entwickelt hat, als das er auch in diesem Band seine Rolle spielt.

rauch
geschwängert
die frau
nur luft

(„Bar“)

Die Nähe zur Fotografie ist also deutlich. Hier schaut ein genaues Auge und notiert Eindrücke von Vorübergehendem, Vorübergehenden: schlicht, lakonisch und beinahe haiku-haft vordergründig einfach. Die Texte sind kurz, prägnant, metaphernarm, aber ab und an lösen sich behutsam die gewohnten Perspektiven auf und fügen sich zu ungewohnten Sichtweisen und Zusammenhängen neu zusammen.


leise schüttelt
ein baum
die erlegten blätter
in den garten eden

alkohol rieselt
neben einem kinderwagen
in den hof
und aus den augen

ein alter mann
rastet
auf der bank
zu trancemusik

(aus: „Kiezkultur“)

Es sind Texte einer Autorin, die ebenfalls (ganz wie ihre Sujets) unterwegs ist, jedoch ohne jegliche Hast: eine unauffällige Durchreisende, die festhält, was sich im Trubel New Yorks, Berlins oder auch Kölns gerade so eben festhalten lässt.
Nur einige Gedichte, etwa die Mallorca-Texte, greifen etwas weiter aus, mit längeren Sätzen, mehrversig- ich kann nicht anders, als mir die Autorin hier zur Ruhe gekommen vorzustellen – an einem Tisch, am Strand sitzend und mit längeren Belichtungszeiten experimentierend.
….
langsam ergreift die stimmung auch
uns und wir
tauchen beschämt nach perlen

(aus: „Das Hütchenspiel“)

Der ganz offensichtlich sehr sorgfältig arbeitende Elif Verlag (was für ein schönes Buch, an sich, als Objekt!) hat seiner Autorin hier ein wunderbares Album für ihre lyrischen Schnappschüsse geschaffen. Brot und Spiele ist eine Reise in Bildern- zu Städten: zu Tode fotografiert und dennoch nie zur Gänze erfasst; zu toten Winkeln und blinden Flecken: nie eines Besuches für würdig befunden und: zu den Bewohnern dieser Städte, die vor lauter Brotangebot und Spielaufforderung beinahe nicht wissen, wohin sich als Nächstes wenden; die nicht sehen, was die Autorin sieht und dem Leser sichtbar macht, ohne es ins Monströse zu vergrößern oder bonbonbunt einfärben zu müssen.
Dies ist einer der Lyrikbände, die man noch oft mit der Gewissheit aufschlagen und durchblättern kann, darin etwas Neues zu finden. Einer derjenigen, bei dessen Wiederlektüre man über seine eigene, frühere Blindheit staunen kann- verstehen ist ein prozess des auges

Anke Glasmacher, Jahrgang 1969, wuchs im Bergischen Land auf. Sie studierte Germanistik, Philosophie und Pädagogik an den Universitäten Bonn und Köln. Sie lebte 12 Jahre lang in Berlin im Prenzlauer Berg, wohnt und arbeitet heute aber wieder in Köln. 2013 gehörte sie zu den PreisträgerInnen des Lyrikwettbewerbs postpoetry.NRW. Sie ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und im Literatur-Atelier Köln.

Anke Glasmacher
„Brot und Spiele“, Urban Poems
Elifverlag, Nettetal 2014
ca. 112 Seiten, 14.95 Euro
ISBN: 978-3-9816147-6-3

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– Winter Journal- Paul Auster

BildPaul Austers Winter Journal also:

ich muss gestehen, dass mich eine Art sentimentale Verbundenheit ergreift, sobald ein neues Buch des amerikanischen Autors Paul Auster erscheint.
Das liegt wohl daran, dass er mich mittlerweile 20 Jahre begleitet -mal intensiver, mal peripher-. Natürlich war Stadt aus Glas das erste Buch, in dem ich postmodernen Erzähltricks begegnete, ich durchlitt mit Jim Nashe und Jack Pozzi, den unglücklichen Pokerspielern aus Musik des Zufalls den Albtraum der Leibeigenschaft und des Bauens einer völlig nutzlosen Mauer unter Beobachtung und diffuser Bedrohung. Bei der Lektüre von Mr Vertigo zweifelte ich keine Minute daran, dass der junge Walter tatsächlich  das Fliegen von Master Yehudi lernen würde. 
Irgendwann verlor ich Mr. Auster aus den Augen. Ein, zwei Bücher hatten mich nicht mehr so in den Bann gezogen und ich hatte wohl unbewußt beschlossen, meine Auster-Zeit sei vorbei. Doch ein paar Jahre später erwischte mich der Mann im Dunkel, für wenig Geld aus irgendeiner Grabbelkiste gezogen, eiskalt. Die Geschichte des bettlägerigen Journalisten, der nachts von einem bürgerkriegsgeschüttelten Amerika der unmittelbaren Zukunft und von einem Mordauftrag an sich selbst träumt, faszinierte mich. Nun las ich wieder Auster: Unsichtbar, Sunset Park. ..Ich greife zum seinen Büchern, wenn mir nach packenden Geschichten an den Grenzbereichen der Normalität ist, erzählt mit Kraft, Spieltrieb und diesem schnörkellosen Handwerk.

Nun erschien das Winter Journal. Einen Monat vor seinem 64 Geburtstag machte Auster seinen ersten Eintrag in sein Winter-Tagebuch. Wie er selbst sagt: 64 ist keine besondere Zahl und man spricht bei 64 Jahren nicht von besonders hohem Alter, aber es gibt Momente mit 64, in denen man an all die Anderen denkt, die es nicht so weit geschafft haben.

„Du glaubst, es wir dir nie passieren; dass es dir nicht passieren kann; dass du die einzige Person auf der Welt bist, der diese Dinge niemals passieren werden und dann, eins nach dem anderen, beginnen sie dir alle zu passieren, in genau der Art und Weise wie allen Anderen auch.
Deine nackten Füße auf dem kalten Fußboden, als du aus dem Bett kletterst und zum Fenster gehst. Du bist sechs Jahre alt. Draußen fällt Schnee und die Äste der Bäume im Hinterhof werden weiß.
Sprich jetzt, bevor es zu spät ist, und hoffe, dass du weitersprichtst, bis es nichts mehr zu sagen gibt. Die Zeit läuft ab, letztendlich. Vielleicht ist es auch, um deine Geschichten jetzt mal beiseite zu schieben und zu untersuchen, wie es sich angefühlt hat, in diesem Körper zu leben, vom ersten Tag an, an den du dich erinnern kannst bis zu diesem. Ein Katalog sensorischer Daten. Was man: eine Phänomenologie des Atmens nennen könnte.“

In gewisser Weise kehrt Auster in Winter Journal zu dem Schreiben zurück, mit dem alles in seinem Werk begann. 1982, in der Erfindung der Einsamkeit, beleuchtete er schon einmal in eindringlicher Weise die eigene Person und Geschichte. War es damals der Tod des Vaters, der den Anstoß zum Schreiben gab, ist es diesmal der unmittelbar vorhergehende Tod der Mutter, der hier allerdings nicht in gleicher Weise zentral für das Buch steht wie bei seinem Erstling. Überwiegend in der zweiten Person spricht Auster hier von sich selbst; in kurzen Sentenzen und längeren Episoden und schreibt, scheinbar nebenbei, eine Geschichte des Lebens im immergleichen, aber sich stets verändernen Körper. Sprunghaft, mehr nach Motiven als nach Chronologie geordnet, bekommen wir es mit dem 3, 5 und 12 Jahre, dann mit dem 35 oder 63 Jahre alten Auster zu tun. Die Geschichte von Verletzungen, Narben (körperlichen wie geistigen), Verlusten und immer wiederkehrenden Gefühlen. Die Liebe zur Gattin, zur Mutter stehen als elementare, beinahe mystische Antriebe zwischen den Zeilen, unerklärlich und über Interpretationen erhaben, was mir persönlich eine romantische, aber einzig richtige Haltung zu sein scheint. 

„Die Bestandsaufnahme deiner Narben, besonders der in deinem Gesicht, die du jeden Morgen sehen kannst, wenn du in den Badezimmerspiegel schaust, um dich zu rasieren oder dein Haar zu kämmen. Du denkst selten an sie, aber immer, wenn du es tust, verstehst du, dass sie Zeichen des Lebens sind; dass die verschiedenen zerklüfteten Linien, geätzt in die Haut deines Gesichts, Buchstaben des geheimen Alphabeths sind, dass die Geschichte erzählt, wer du bist; denn jede Narbe ist die Spur einer verheilten Wunde und jede Wunde entstand bei einer unerwarteten Kollision mit der Welt. Unfälle: etwas, das nicht passieren muss, denn laut Definiton sind Unfälle Dinge, die nicht passieren muss. Zufällige Fakten gegenüber notwendigen Fakten -und die Feststellung, wenn du morgens in den Spiegel schaust, dass alles Leben zufällig ist, außer dem einen, notwendigen Fakt, dass es früher oder später enden wird.“ 

Das wir uns recht verstehen: hier findet keine Selbstbespiegelung statt und kein postmodernes Ich:die Person/Ich:der Autor- Spiel. Winter Journal ist kein philosophisches Werk. Im Mittelpunkt steht, neben Frau und Familie, der Mensch Paul Auster, der raucht, obwohl er weiß, dass es ihm schadet, der sich seines Stolzes auf die eigenen Fähigkeiten als Autofahrer schämt und der nicht wirklich weiß, warum er Buch um Buch schreibt. Das Fehlen einer „Story“ hat mich hier überhaupt nicht gestört. Austers Sprache ist so klar wie wandlungsfähig, kraftvoll wie genau. Seine eigentümliche Verknüpfung entlegenster Erfahrungen und Erlebnisse durch das Gefühl findet man auch in seinen Romanen, aber die analytische Sicht auf die eigene Person ist hier absolut überwältigend.

„Ja, du trinkst zu viel und du rauchst zu viel; du hast Zähne verloren, ohne dich darum zu scheren, sie zu ersetzen.Deine Diät entspricht nicht den Vorschriften der zeitgenössischen Ernährungsweisheit, aber wenn du das meiste Gemüse verschmähst, ist das einfach nur, weil du es nicht magst und es schwierig (ja unmöglich) findest, etwas zu essen, was du nicht magst.Du weißt, dass deine Frau sich Sorgen macht, besonders wegen des Trinkens und Rauchens, aber -gottseidank- hat bis jetzt kein Röntgenstrahl irgendwelchen Schaden an deiner Lunge, kein Bluttest irgendwelche Zerstörung deiner Leber aufgedeckt und so machst du weiter mit deinen abscheulichen Angewohnheiten, im vollen Bewußtsein, dass sie dir letztlich schlimmen Schaden zufügen, aber je älter du wirst, umso unwahrscheinlicher mutet es an, dass du jemals den Willen oder den Mut haben wirst, deine geliebten kleinen Zigarren und gelegentlichen Gläser Wein verbannen wirst, die dir über die Jahre so viel Freude bereitet haben und du glaubst manchmal, dass, wenn du diese Dinge jetzt aus deinem Leben streichen müsstest, dein Körper einfach zerfallen, dein System aufhören würde, zu funktionieren.
Ohne Zweifel bist du eine fehlerbehaftete und verwundete Person, ein Mann, der von Anfang an eine Wunde in sich trug ( warum solltest du sonst dein ganzes Erwachsenenleben damit verbracht haben, Worte auf eine Seite zu bluten?), und der Nutzen, den du aus Alkohol und Tabak ziehst, dient als Krücke, um dein verkrüppeltes Selbst aufrecht zu erhalten und durch die Welt zu bewegen.“

Bisher liegt Winter Journal nur in englisch vor, deshalb stammen die (eventuell etwas holprigen) Übersetzungen von mir.
  

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-Voller Magie und mit einem heißen Kern- Rezension zu Juris Kristalle von Kerstin Fischer

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Sehr gerne gelesen habe ich diese klassische, im besten Sinne altmodische Novelle von Kerstin Fischer.
Eine Entwicklungsgeschichte, die berührt und mit ihrer poetischen und doch prägnanten Sprache verzaubert.
Eine ganz reale Welt, eine vertraute Gegenwart, aber von der Autorin mit einer irgendwie zeitlosen, glitzernden Patina überzogen; Kristalle eben.

Juri ist schon als Kind eigen- und einzigartig. Ein Berufener, zu einer ganz eigenen Weltsicht und zum Schreiben.
Die Zeit des Studiums dient dazu, der Leidenschaft eine solide Wissensbasis hinzuzufügen. Aber auch hier zeigt sich die Durchlässigkeit von Juris Realität zur Fiktion, zur Literatur und anderen Welten.
Figuren aus Dostojewskis Romanen scheinen ihm ganz real zu folgen und nichts Gutes im Sinn zu haben. Literatur dringt mit ihrem Personal und ihren Motiven in sein Leben ein.
Und Anna, die begehrenswerte Professorin wird zur Projektionsfläche seiner Wünsche und Gedanken. Ein intensiver, doch einseitiger Briefwechsel zu ihr entspinnt sich.
Dem Studium folgt eine Anstellung bei einer bedeutungslosen Zeitung. Der normale Alltag scheint vorerst mit seiner Routine, den intrigierenden Kollegen und allem, was dazugehört, Juris Leben zu besetzen.
Die Liebe zu Anna verläßt ihn in just dem Augenblick, als sie seinem Werben nachzugeben beschließt.

Gegen alle Anfeindungen gelingt es Juri mithilfe seines Intellekts und seiner Verteidigungsstrategien, in der Redaktion aufzusteigen und das Vertrauen des Chefs zu erlangen. In einem britischen Kollegen gewinnt er einen Freund, der ihn fördert und nach seinem Wegziehen in die Heimat zum neuen Adressaten von Juris Briefen wird. Auch er beantwortet sie vorerst nicht.
In Juri häufen sich die Fragen. Seine Beschäftigung mit Jack London, mit Dostojewski, mit Dickens prägen sein Seelenleben und er verzweifelt an den ausbleibenden Antworten.
Eine neue Liebe taucht auf und verschwindet, was schon lange als Schwebstoffe in Juri präsent gewesen ist, kristallisiert sich langsam. Juri bricht zusammen, letztendlich übernehmen die Bösewichter die Kontrolle. Er fühlt sich verfolgt, fürchtet Attentate der dostojewski`schen Schurken, wähnt die Freunde und Fürsprecher nur Trugbilder des eigenen Denkens und landet letztlich in einer Anstalt. Ein Psychologe kann sein Vertrauen gewinnen und ihn so weit aufbauen, dass der alte Traum vom Schreiben ihn letztlich aus der Krise holt.
Juri schreibt endlich SEINE Geschichte und alles löst sich. Er bekommt Anerkennung- und: Antworten.

Juris Suche nach einem Vertrauten, einem Ohr für seine oft widersprüchlichen Gedanken hat mich berührt. Seine Zielpersonen auf dieser Suche wechselt er mehrfach, abrupt und ohne durch vorhergehende Enttäuschungen dabei vorsichtiger zu werden. Dies mag für robustere Charaktere überspannt und naiv wirken, wer sich aber traut, einmal in seine eigene Gemütslage der Jugendjahre zurück zu fühlen, wird erkennen, dass es durchaus ein gutes Porträt dieser Lebensstufe ist.

Kerstin Fischer spielt virtuos mit den Mitteln der Novelle und der Entwicklungsgeschichte.
Manches geht, der Form geschuldet, etwas schnell, dennoch sind ihre Figuren klar und scharf umrissen.
Einige Fäden laufen ins Leere, gleich zwei Frauenfiguren, die faszinieren, verschwinden fast lautlos, aber auch das ist klug gewählt, denn dies ist -eindeutig und unzweifelhaft- JURIS Geschichte und beinahe gewinnt man, angestoßen von der Raffinesse der Autorin den Eindruck, alle weiteren Figuren könnten TATSÄCHLICH nur Juris eigenen Projektionen sein.
Ich bewundere die Schilderung der verschiedenen Milieus. Sowohl Juris eher einfaches Elternhaus, die Universität als auch die Redaktionswelt sind hervorragend geschildert. Die unsäglichen Kollegen, die mondäne Professorin, der englische Freund sind mit wenigen Worten, aber dennoch vielschichtig und reizvoll gestaltet.
Auch das Spiel mit den leicht irrealen Elementen, dem Einzug literarischer Figuren in das Hier-und-Jetzt des Protagonisten ist gelungen. Ein Roman steckt in dieser Idee, aber zu Recht hat sich die Autorin für das dezente Setzen von zarten Akzenten entschieden.
Kerstin Fischers Sprache, ich sagte es schon eingangs, ist entspannt, melodisch und biegsam. Sie ist ebenso fähig, tiefe Psychologie wie Poesie zu vermitteln.

Juris Kristalle ist eine poetische und dennoch realistische Auseinandersetzung mit einem sensiblen, vielleicht übersensiblen Charakter, keine psychiatrische Studie. Stellen wir uns erneut die Frage, ob eine besondere Empfindsamkeit zu Genie oder zu Wahnsinn führt; stellen wir uns erneut die Frage nach der Grenze.

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Rezension -Umm nur- von Jonas Navid Al-Nemri

Cover

Jonas Navid Al-Nemris Band Umm Nur, das soll als allererstes gesagt werden, ist kein typisches Beispiel für die Art und Weise, in der jüngere deutsche Autoren sich in der kleinen Form versuchen.

Wenn Sie wegen der Überfülle der Beispiele davon ausgehen, dass die deutsche Kurzprosa immer noch einen amerikanisch geprägten Background hat und entweder immer noch Hemingways oder Raymond Carvers kurzen, prägnanten Stil und deren alltagsfixierten Themenkreis pflegt, dann erweitert und wiederlegt Umm Nur diesen Eindruck enorm.

Ein Solitär. Jonas Navid al- Nemri ist es gelungen, sich m.E. völlig von Vorbildern zu lösen. Seine Geschichten in diesem Band sind Schönheiten, die einen Schleier tragen und damit nur noch reizvoller werden.

Der Versuch, klare Handlungen, eindeutige Zeitangaben oder detaillierte Personenbeschreibungen (sprich:möglichst genau Realitätswidergabe) aus diesen Geschichten zu lesen, sollte und darf hier nicht das Hauptanliegen sein.Vorab: kaum eine Figur ist namentlich oder optisch greifbar, die Zeit, in der das Geschehen abläuft, bleibt vage. Als Kind zweier Kulturen gelingt es Jonas Navid al-Nemri, den Orient mit seinen Motiven und seinem Vokabular in die deutsche Kurzprosa zu bringen. Märchenhaftes, Zauberhaftes nicht nur in der Wortwahl.

  Aber worum geht es dann?– wird man zurecht fragen.

Es geht, grob gesagt, um Liebe, Liebeswünsche, Liebeskampf. Um Verehrung, Werbung, ritualisiertes Begehren, ja: auch Erotik. Die oft nur wenige Seiten langen Texte kreisen in gewisser Weise mehr um das DU als um das Ich, wie es normalerweise (und oft anstrengend genug)üblich ist. Viele Texte des Bandes sind Anbetungen, Ehrungen eines Gegenübers, das verschleiert bleibt, aber gerade deshalb einen unwiderstehlichen Reiz ausübt.

Kernstück des Buches ist in meinen Augen die Titelgeschichte: UMM NUR, die gleichfalls auch die Längste des Bandes darstellt. Hier wird behutsam stärker ausformuliert, die Figuren, Ort und Zeit prägnanter und klarer, was sonst nur schwebend da ist. Somit ist diese Geschichte auch die vielleicht unserem üblichen Lesegeschmack am vertrautesten, behält aber dennoch ihren bezaubernden Schimmer.

Geschichten ohne großartige Handlung?Interaktion?Dialog?-Wie soll das funktionieren?

Berechtigte Frage, die ich ganz eindeutig beantworten kann mit: DURCH DIE SPRACHE!

Jonas Navid al-Nemris Geschichten sind Sprache (und Lust an der Sprache) pur. Das Vokabular mit altermtümlichen Perlen durchsetzt, einige dezente Verschiebungen in der Bedeutung und eine große Klangbeherrschung fallen auf. Sehr rhythmisch, sehr lyrisch: Die Sätze laufen wie Ketten flirrender Bilder durch meinen Kopf, mit einer virtuosen Beherrschung der Wiederholung, Steigerung und Rücknahme. Etwas Formelhaftes liegt darin und ehe ich den kompletten Sinn wahrgenommen habe, sagt mein Hirn schon wieder: Mehr, mehr, mehr! Und dennoch ist es eine bittersüße Sprache, die auch vom Kontrast, von Härte und der Grausamkeit lebt.

Pathos? – Sagen wir so: Die Intensität dieser Texte ist klar zu spüren, aber ein schwebender Schleier hält sie fern. Ein Gefühl, als stünde man in der Nähe eines Feuerofens, gerade weit genug entfernt, um sich nicht zu verbrennen, aber nah genug, die immense Hitze zu spüren.

…eine neue Mythologisierung der Innenwelt.“, hat der österreichische Schriftsteller Josef Haslinger über diesen Band gesagt und er hat Recht. Der Vordere Orient ist hier als Schauplatz zu erkennen, wenn auch nur angedeutet. Dennoch handelt es sich hier weder um Märchen oder Orient-Folklore. Die Zeit in den Geschichten ist ein entrücktes Irgendwann. Die Handlung als Summe von Ereignissen wird kleingeschrieben, dafür das DU sehr groß. Eine Literatur des Innenreiches: ungreifbar, undefinierbar und veränderlich wie Traum, Märchen und Mythos. Eine Literatur und Sprache, die einfach komplett aus einem anderen Kulurkreis gespeist wird, eine andere Mythologie atmet.Dennoch ist es deutsche Literatur, nicht orientalisch in Ornamentik sich verlierend und, wie schon gesagt: ohne offensichtliche Vorbilder!

Ich versuche meine seltsamen Eindrücke dieser Texte abklopfen, um sie greifbar zu machen und meine Bezugspunkte kommen, natürlich, aus der deutschen Literatur, denn ich bin deutscher Leser. Aber Jonas Navid al-Nemri ist auch ein deutscher Autor, Jahrgang 1984 mit Geburtsort Hamburg!

Die Texte laut lesend, ihre Wiederholungen, Steigerungen und Rücknahmen aussprechend, ihren Klang, ihre Ordnung sichtend, wird sofort klar: Hier Böllt und Borchert es nicht, hier liegt nicht ein weiterer Band mit Erzählungen im Stile Judith Hermanns oder Peter Stamms vor.

Vielmehr kommt mir (völlig subjektiv natürlich) einiges der hermetischen Lyrik in den Sinn.

Hier und da höre ich Ingeborg Bachmann sagen:

…Bald musst du den Schuh schnüren
und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe.
Denn die Eingeweide der Fische
sind kalt geworden im Wind.
Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
Dein Blick spurt im Nebel:
die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.

oder Paul Celan:

Mein Aug steigt hinab zum Geschlecht der Geliebten:
wir sehen uns an,
wir sagen uns Dunkles,
wir lieben einander wie Mohn und Gedächtnis,
wir schlafen wie Wein in den Muscheln,
wie das Meer im Blutstrahl des Mondes.

Überhaupt ist es nur Celan, der mir als Vergleich möglich scheint, wenn es den eines Vergleiches bedarf. In seiner Mischung aus klarem Bekenntnis zur deutschen Sprache und der aus vielerlei Quellen gespeisten Metaphorik, die ebenso auf die Bibel, wie den Talmud und die Kabbala zurückgeht, scheint er mir ein einziger geeigneter Verwandter dieser ungewöhnlichen Art von Literatur zu sein. Ähnlich farbig, ähnlich intensiv und rätselhaft.

Jedem, der ab und an über den Tellerrand der deutschen Erzählkunst in ihren üblichen Ausprägungen schauen möchte und offen ist für große Gefühle und Worte jenseits der oftmals kargen Realität, für Traum und Zauber, sei Jonas Navid al-Nemris Band Umm Nur wärmstens empfohlen. Ein Debüt, das beweist, wie sehr die vielfältigen Einflüsse anderer Kulturen die moderne deutsche Literatur zu bereichern im Stande sind.

Jonas Navid al-Nemri ist, wie die Hauptfigur der letzten seiner 17 Geschichten, ganz unzweifelhaft ein: Sha`er, ein Dichter!

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Rezension -Glück ist ein brennendes Flugzeug- von Arnd Dünnebacke

Dem Dünnebacke sein Buch also…

Vorab: der Dünnebacke heißt Arnd und mit Sicherheit nicht Maria mit zweitem Vornamen!

Der Dünnebacke ist ein Dichter.

Aber Vorsicht: wer bei Dichtern und Gedichten an Rilke, Hesse oder andere feingeistige Kameraden denkt, wird bei der Lektüre von Arnd Dünnebackes Band:

                                              Glück ist ein brennendes Flugzeug irritiert sein.
Dünnebacke liefert keine hauchfeinen Metaphern-Teppiche, keine feingliedrige Vershäkelei und kein „Hach-wie-schön“. Dünnebacke läßt keine blauen Bänder anmutig durch die Lüfte flattern.
Aber der Dünnebacke ist auch keiner dieser kühl kalkulierenden, jungen Sprachzertrümmerer, die analytische Syntax-Konstrukte mit ironisch-cooler, post-post-moderner Attitüde zum Besten geben.

Dünnebackes Lyrik orientiert sich, das ist recht deutlich, an der amerikanischen Schule. Nüchterne, prosaische Texte mit (bewußt) ganz einfachem Wortschatz und Motiven.

„Ach, der x-tausend-fachste teutonische Bukowski!“– mag jetzt der Ein oder Andere maulen.
Ja, der olle Charles aus Andernach am Rhein ist sicher ein Säulenheiliger Dünnebackes, es wäre gelogen, das zu leugnen. Der Alkohol und andere Drogen, diverse kleine Schweinigeleien sind auch durchaus Sujets, die sich bei beiden Autoren finden.
Aber, anders als bei anderen Bewunderern des großen alten Mannes der Underground-Literatur, bleibt Dünnebackes Schreiberei niemals in der reinen Nachahmung stecken.

Sicher kann man jetzt fragen:

„Kein Reim, kein Fokus auf der Sprache, wenig Struktur und Poesie?

Sind das denn überhaupt Gedichte?“
Und: Ja! Viele dieser Texte würden auch als Geschichten durchgehen.

Alltagsschilderungen und Kindheitserinnerungen der wenig verklärten Art.
Aber dennoch: Es SIND Gedichte! Und Gute!
Denn der Dünnebacke hat viel zu bieten:
eine enorme Kraft,
einen prallen Haufen Geschichten, die rauswollen,
eine Menge Lebenserfahrung, die er aber nie raushängen läßt,
einen staubtrockenen Humor
UND:
eben diese Eigenschaft, die scheinbar Profanes in Momente verwandelt, in denen man plötzlich Zusammenhänge sieht, Verknüpfungen und Parallelen. Momente, in denen man sich am Schopf gepackt fühlt und Schönheit in etwas erkennt, was karg und trostlos scheint.
Und auch DAS macht Lyrik aus, bei aller Einfachheit und Schnodderigkeit!

Es ist ein Brocken, den der Dünnebacke da im Acheron Verlag vorlegt, kein schmalbrüstiges Bändchen, der Sprachlosigkeit abgetrotzt.
Fast 250 Seiten, dicht gesetzt, demonstrieren Dünnebackes mächtigen Erzähldrang.
Viele der Grundsituationen in Dünnebackes Texten sind scheinbar trostlos:
da ist der Suff, da ist entweder die stumpfe Maloche oder die Arbeitslosigkeit, da ist die „einfache“ Kindheit in den 80ern, die nach heutigen Maßstäben schon nach Prekariat und Kinderarmutsbericht duften dürfte.

Keine schönen Dinge! Aber in dem allen schläft etwas….
Das Glück trudelt durchaus am Himmel entlang, als sichtbar leuchtender Schein.
Dass es ein brennendes Flugzeug ist- okay- aber immerhin ist es nicht GANZ dunkel!
Dünnebacke malt nicht nur schwarz, obwohl er durchaus viel und offen benennt, was ihm auf den S…. geht! Aber hinter, unter, neben all dem, gibt es Dinge, die ganz klar erkennbar „heilig“ sind, auf die er nichts kommen läßt, bei aller abgeklärten Leck-mich-Haltung!
Das vermeindlich Proletenkind hat zwar nicht viel, ist aber frei und reich an Abenteuern, auch wenn es mit Müll spielt.
Und: da ist die Liebe! Denn die in vielen Texten wieder auftauchende Liebste ist ein roter Faden in Dünnebackes Buch und auch, wenn heiße Liebesschwüre und geblümte Hymnen ausfallen, wird klar, dass hier etwas IST, was nicht besungen werden muss.

Alles in Allem finde ich Dünnebackes Buch perfekt für Leser, die lesbare und verständliche Lyrik wollen, fernab vom Eduard-Mörike-Gedächtnis-Häkeln.
Schüler, generell junge und im Herzen jungbliebene Leser werden hier ihren Spaß haben und an vielen Stellen zustimmend nicken, an denen die Germanisten vielleicht noch die Nasen rümpfen!

Dünnebackes Gedichte sind keine Gedichte für den Olymp, nicht für die Wissenschaft und nicht für das Poesiealbum. –Obwohl er sicher nichts dagegen hat, wenn sie dort landen.
Aber im Kern gehören seine Gedichte auch dem Hauptschüler, dem Bauarbeiter und auf die Straße. Und ich würde mich freuen, wenn sie dort landeten, wenn sie Dünnebacke zuhören würden, denn er spricht ihre Sprache und er hat ihnen mehr zu sagen als die Vorbilder, denen sie gewöhnlich folgen.

Ich habe hin und her geblättert in diesem Buch und überall etwas gefunden, was mich begeisterte.

Und:Glück ist ein brennendes Flugzeug ist eines dieser Bücher, in denen man das wieder und wieder tun kann. Ich werde es tun!

Also: Daumen hoch für Dünnebacke!

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-Mann im Schatten- MOSAIK, WDR3 2010

zum Nachhören:

WDR-Radiobeitrag zu meinem Roman -Mann im Schatten- über Thomas Manns Münster-Aufenthalt 1911; der Kulminationspunkt seiner ersten großen Schreibkrise vor dem Tod in Venedig.

 

www.matthiasengels.jimdo.com

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31. Mai 2013 · 10:04 pm