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Aufruf Friedensanthologie

Aufruf:

Die Regionalgruppe Münsterland des Verbands deutscher SchriftstellerInnen (VS) lädt zur Mitarbeit an einer Anthologie ein.

Das Thema lautet: Frieden …kein Thema sollte und kann wichtiger sein in diesen Zeiten. Eigentlich braucht es für Texte, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, keinen Aufhänger, aber natürlich ist der 375. Jahrestag des Westfälischen Friedens zu Münster und Osnabrück im Jahr 2023 ein willkommener Anlass, um einmal mehr auf die Wichtigkeit des Themas aufmerksam zu machen.

Es ist Zeit, sich Gedanken zu machen: Wie sieht Frieden aus? Wie kann man ihn erreichen und wie dauerhaft sichern?

Miteinander sprechen. Zuhören. Gemeinsamkeiten erkennen und Unterschiede respektieren – kann das ein Weg sein?

Und zurückblickend auf die Geschehnisse vor 375 Jahren: Wie denken westfälische AutorInnen darüber?

Es ist Zeit für eine Friedens-Anthologie aus Westfalen, die Mut macht, reflektiert und diskutiert. Die zum Weiterdenken anregt. Die den wichtigen Westfälischen Friedensschluss von damals in Beziehung setzt zu unserem offenbar doch nicht ganz so stabilen Frieden heute. Die aus den Geschehnissen von früher bis heute eine Utopie für das Morgen entwirft. Natürlich kann und soll auch der aktuelle europäische Konflikt thematisiert werden, aber nicht ausschließlich. Natürlich kann es um den Weltfrieden gehen, aber auch gesellschaftlicher, privater Frieden oder Seelenfrieden sind interessant.

Aufgerufen zur Beteiligung sind alle Autorinnen und Autoren mit Bezug zur Region Westfalen – sei es Geburts-, Studien- oder Wohnort.

Organisatorische Hinweise:

Formal gibt es keine Vorgaben. Lyrik, Prosa, Essay, Dialoge, …alles ist denkbar. Die Rechte am Text bleiben natürlich bei den AutorInnen. Umfang: Nicht mehr als drei Gedichte oder ein längerer Text in Prosa bis maximal 10.000 Zeichen.

Die Texte sollten unveröffentlicht sein.

Mit der Einsendung erklärt die/der VerfasserIn, dass keine Rechte Dritter daran bestehen.

Ein Herausgeber-Team aus unseren Reihen wird eure Texte entgegennehmen und betreuen.

Wir suchen nach einem Verlag, der das Ergebnis publizieren möchte. Wenn ihr diesbezüglich Tipps habt, freuen wir uns über unverbindliche Hinweise!

Bitte teilt uns bis zum 10.04.2022 erst einmal mit, ob ihr generell daran teilnehmen möchtet. Dann kommt euer Name ggf. auf eine Liste, mit denen wir den Verlagen das Projekt schmackhaft machen. Das hilft uns sehr! Wenn ihr schon einen Text in der Schublade habt, dann nehmen wir ihn auch gerne schon in unsere Vorauswahl auf.

Ansonsten ist der Einsendeschluss für Texte der 31.8.2022. Wir schreiben im Laufe des Herbstes alle EinsenderInnen an, ob ihr Text in die Anthologie aufgenommen worden ist oder nicht.

Die Texte bitte unformatiert als E-Mail-Anhang an: friedenstexte@gmx.de senden.

Bitte keine PDFs, sondern nur Dateien mit den Endungen .doc, .docx, .odt oder .rtf. Bitte fügt Eurer Einsendung eine Vita nach folgendem Strickmuster bei:

Peter Petersmann

geboren 1965, aufgewachsen in Unna. Lebt als Schriftsteller und Herausgeber in Timbuktu. Zuletzt erschien von ihm Doppelduschen in Baden Baden (bandwurmpresse 2020).Gewann 2012 den 1. Preis im Wettbewerb: Möppkesbrot & Peitsche. Mehr über Peter Petersmann gibt es auf peterswebseite.de

Einsendungen, die nicht dem oben genannten Schema entsprechen, können wir leider nicht berücksichtigen.

Wir freuen uns auf Eure Einsendungen.

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Neue Autorenfotos

Es waren mal wieder neue Autorenfotos nötig- immerhin erscheinen dieses Jahr noch zwei Romane und die alten stammten gefühlt noch aus der Grundschule! Heute also Shooting mit Fotograf & Journalist Rainer Nix, der es geschafft hat, meine flämisch/niederrheinische Bumsbirne gekonnt in Szene zu setzen. Vielen Dank dafür!

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Eunuchen im Harem -Rezension-

In der aktuellen Ausgabe der Literaturzeitschrift experimenta findet sich eine sehr schöne Rezension meines Essaybändchens Eunuchen im Harem aus dem Brot & Kunst Verlag. Dort oder über mich ist es für 10€ erhältlich.

Die gesamte Ausgabe kann über diesen Link kostenlos eingesehen werden.

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out now: Eunuchen im Harem

Jahreswechsel-Veröffentlichung:
Eunuchen im Harem-der wunderschöne Band versammelt 8 meiner essayistischen Texte. Es geht um Bücher, Chaos, Kitsch und Kunst, wie der Untertitel sagt. Aber außerdem geht`s um Conni, Ernst Jünger, Zahnärzte, den Roman der Zukunft und um GELD!

Umfang: 76 Seiten
Genre: Kolumnen
Preis: 10 EUR

​Meine dritte Veröffentlichung im Brot&Kunst-Verlag ist als sparte3-Titel an den Grenzen von Fakt und Fiktion angesiedelt. Inhalt:

  • Der Roman der Zukunft
  • Hauptweg und Nebenwege
  • Ordnung vs Chaos: Gedanken zur Kunst
  • Gedanken zum Schreiben & Leben von Büchern
  • Für wen und warum: Gedanken zum Schreiben II
  • Schweigen sieht anders aus
  • Deconstructing Conni: Pinkeln ans Podest einer deutschen Institution
  • Der Waldläufer

Wer Interesse hat: Der querformatige Band mit Cover von Steffen Dürre ist beim Verlag oder per PN bei mir bestellbar. 10€ plus Versand.

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Schön hier! in: Dortmund

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Auch schon wieder `ne Woche her!
Mit 11 der vertretenen 28 Autoren durften wir am vergangenen Donnerstag unsere Lieblingsplätze- Anthologie in der Stadt-und Landesbibliothek in Dortmund präsentieren. Ca. 60 interessierte Zuhörer folgten unseren Geschichten und Gedichten und der Abend verging wie im Fluge.- Schön war`s!

…und am kommenden Freitag geht unsere kleine Lesereise bereits weiter nach Hamm.
Details siehe HIER.

Fotos: Bianca Lorenz

 

 

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„Schön hier!“ in: Dortmund

Schoen hier Cover GrafikUnsere kleine Präsentations-Reihe geht weiter:
Am Donnerstag nächster Woche (26.10.) dürfen wir unsere Anthologie zu Lieblingsplätzen & Herzensorten in Westfalen in Dortmund vorstellen.

Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek am Max-von-der-Grün-Platz. Von den 27 vertretenen Autoren werden wieder 10 anwesend sein und die schöne, abwechslungsreiche Mischung des Buches repräsentieren.
Auch wir Herausgeber: Thorsten Trelenberg, Thomas Kade und ich sind vor Ort.
Wenn Jemand Lust hat-wir freuen uns!

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Es gibt übrigens eine Facebook-Veranstaltungseite dazu. Wer mag, findet sie HIER.

 

 

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Schön hier!- featuring: Viktor Sons

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Bei der Zusammenstellung unserer Anthologie: Schön hier! durfte ich so viele neue interessante Schreibende kennenlernen, dass ich diese Arbeit um keinen Preis missen möchte. Einige davon und ihre Texte möchte ich in den kommenden Wochen hier etwas genauer vorstellen.
Beginnen möchte ich ausdrücklich mit einem Text, den uns Viktor Sons zur Verfügung gestellt hat.

Geboren am 31.01.1953 in Wesel am Niederrhein, schrieb Viktor Sons Historisches, Satirisches und Kriminalistisches – in Prosa. Im Alter von 18 Jahren hatte es ihn in den Ruhrpott gezogen – von Oberhausen über Dortmund, wo er Sozialarbeit studierte, bis nach Lünen.

Viktor wählte als seinen westfälischen Lieblingsort das heimische Bett in Lünen und spricht in der kleinen Erzählung auf unnachahmliche und berührende Weise auch von seinem eigenen Tod. Viktor habe ich viel zu spät kennenlernen dürfen, denn nur wenige Tage nach dem Erscheinen unseres Büchleins ist er leider verstorben- voller Pläne und Energie.
So ist dieser Text sein literarisches Vermächtnis geworden und wir Herausgeber sind stolz, dass wir für dessen Erscheinen sorgen konnten.

 Aber nun, wie versprochen, sein Text: TraumOrtSchoen hier Cover Grafik

Viktor Sons

TraumOrt
Das eigene Bett in Lünen-Niederaden

Nett, heimelig und kuschelig, wie auf einer Wolke schwebend – unten weich, oben warm und sicher bedeckt fühle ich mich.
Und wenn ich mich mitnehmen lasse auf die Reise, geht es um die ganze Welt. Es ist keine Fahrt, auf der ich Ziel und Weg bestimme. An meinem Ort bleibe ich.
Mich steuert nicht die Realität, sondern der Traum ist der Steuermann. Manchmal nimmt er mich nicht mit, manchmal kommt der Krebs, der hinterlistige Zellengenosse, er zerrt mich ins Reich der Schmerzen und Angst. Aber wenn Freund Morpheus das Kommando übernimmt, mich mit seinem derivaten Tau versorgt, geht’s in die schönsten Regionen der Erinnerungen oder der Wünsche.
Bunte Bilder tauchen auf.
In der Kinderzeit beim Fußballspiel, der Elfmeter: Ich hatte ihn damals verschossen. Jetzt, 89. Minute, Spielstand 1 : 1, lege ich den Ball auf den Elfmeter-Punkt. Der Schiedsrichter korrigiert. Der Ball muss drei Zentimeter zurück mitten auf die Markierung. Endlich kann ich schießen. Ich schiebe die
Kugel rechts ins Eck. Eine lange Schrecksekunde bin ich wie gelähmt. Der Schuss war zu schwach, der Torwart wird den Ball erreichen. Er hat die richtige Ecke erahnt. Doch nur seine Fingerspitzen berühren das Leder. Tor! Tor! Und Sieg. Die
Mannschaft stürmt jubelnd auf mich zu.
Freundliche Traumwelt, mein Lieblingsort. Alte Freunde, längst vergessene Menschen, alle kommen freundlich auf mich zu. Sie besuchen mich, manche nur kurz, und manche sind astral. Ich empfange sie in meiner warmen, gemütlichen Höhle.
Vorige Woche klingelte ein Toter bei mir an. Als die alte Türklingel schräpte, öffnete ich. Da stand mein Lieblingsvetter quicklebendig und quietschvergnügt mit einer seltsamen Aktentasche unter dem Arm vor mir. Diese passte überhaupt
nicht zu ihm, weil er Akten hasste und damit auch entsprechende Taschen mied.
Als wäre nichts gewesen und er nicht schon mindestens 12 Jahre tot, forderte er mich munter auf: „Komm mit! Wir wollen los.“ Als ich fragte, wohin, und wie es sein kann, dass er lebendig vor mir steht, gab er keine Antwort. Ich wollte wissen, wie es dort sei, wo er jetzt ist, und ob er im Reich der Toten lebe. Er knurrte
verständnislos: „Wie soll man im Reich der Toten leben?
Ein Widerspruch in sich.“
Mich interessierte, wie er den Übergang vom Leben zum Tod erlebt habe. Ich merkte selber: erlebt passte nicht. Erstorben? Er schwieg, als sei die Frage nicht gestellt oder unhörbar. Stattdessen grinste er und winkte locker aus dem linken
Handgelenk, ich solle ihm folgen. Ich trottete wie automatisch hinter ihm her.
Aber nicht weit – der Wecker spielte ausgerechnet „Knockin ́ On Heaven ́s Door“. Dass ich am schönsten Ort bin, merke ich immer schmerzlich, wenn ich dort rausgeschmissen werde, weil der Wecker losschlägt oder einer rüttelt: „Aufstehen!“- Hast du geträumt?“
„Ja.“
„Was denn?“
„Ich weiß es nicht mehr. Es war etwas Schönes.“
Im Bett: werden die meisten Menschen gezeugt (früher im Heu, später im Auto).
Ich erinnere mich an wilden, heißen und lauen Sex.
Im Bett: vegetieren Milben und manchmal Wanzen.
Im Bett: liegen Kranke, Sieche und Todgeweihte.

Im Bett: sterben die meisten Menschen (oder doch im Krieg?)
Wenn der Sensenmann mir wohlgesonnen ist, lässt er mich nicht lange mit Krankheit und Schmerz liegen. Er holt mich gnädig aus dem Bett. So gelange ich von meinem Lieblingsort direkt ins Paradies.

 

 

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Im Hotel le stylo gris

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Es waren epische Tage mit einem ausgelassener Ausklang auf der weitläufigen Außenterrasse des Hotels le stylo gris. Das Wetter war gut, die Verköstigung reichlich und an geistreichen Getränken herrschte kein Mangel. So war es ein Leichtes, die Teilnehmenden des diesjährigen Talentwettbewerbs zum Gruppenfoto zu versammeln. Die Stimmung war entspannt und würde im Laufe des Abends noch weiter an Verkrampfung verlieren. Dennoch waren die vereinzelten Abneigungen einzelner Kandidaten gegenüber anderen nicht zu übersehen und schlugen sich folglich auch in der hier zu sehenden Aufnahme nieder.

Am Rand der österreichische Soldat auf Urlaub dachte nur an seine Schwester und wirkte generell abwesend.Der Prager neben ihm bemühte sich redlich, den Mann im Mantel neben sich, der penetrant nach Mottenkugeln roch, nicht wahrzunehmen, der wiederum diesen stoisch ignorierte. Dagegen duftete der junge Stenz im billigen Anzug nebendran seinerseits nach Aal, rauchte Kette und bat hier gerade den ihm unbekannten greisen Herrn neben sich zum wiederholten Male um Feuer, was diesen zunehmend wünschen ließ, er sei zu Hause geblieben. Der Kaffee sei dort ohnehin besser.

Mittig sehen wir nicht den Kursleiter, sondern einen Teilnehmer aus der fernen Bukowina, der sich immer wieder routiniert in den Vordergrund stellte und besonders bemühte, den Damen in der Runde näher zu kommen. Wer den hemdsärmeligen Kerl mit dem Koffer eingeladen hatte, wußte keiner. Es wollte keiner gewesen sein; doch da er ohnehin fast den halben Tag in Unterhosen meditierte und mit kaum Einem ein Wort sprach, störte er wenig.

Der Preis für das beste Kostüm war, wie man sehen kann, bereits vergeben und der Preisträger aus der Schweiz weigerte sich beharrlich, es für den Rest der Veranstaltung wieder abzulegen. Während sein Landsmann, der Herr in Schwarz neben ihm, dies zu ignorieren bemüht war, versetzte die Dame aus Wuppertal ihm immer wieder missbilligende Blicke; vermutlich,weil sie nur den zweiten Platz hatte holen können, was ihr noch nie zuvor passiert war. Ganz rechts steht übrigens ein etwas angeschlagener Herr mit sonderbarem Namen, dessen einfallsreiche Herkunft er Jedermann zu erklären anbot, die allerdings niemanden interessierte.

Wie schon erwähnt, wurde ausgiebig getrunken und geraucht; in dieser Disziplin wäre jeder der Finalisten preiswürdig gewesen. Mit der größten Eleganz hielt sicher der Ire in der mittleren Reihe links, seine Zigarette. Neben ihm liest hier gerade ein gelangweilter Gast aus Paris im örtlichen Telefonbuch. Daneben überlegt der älteste der Teilnehmer, was es wohl zum Abendessen geben wird und wo er wohl wieder seine Zähne gelassen hat. Letztlich hat er sie nicht wiedergefunden, was ihn aber zu späterer Stunde vom Singen deftiger Lieder nicht abhielt.

Völlig blau war bereits der junge Mann, der in der vordersten Reihe gerade noch zum Liegen in der sprachlich sehr passenden Lage war. Glasigen Blicks und mit schwerer Zunge bemühte er sich immer wieder, den beiden Blondinen in der vordersten Reihe näher zu kommen. Diese jedoch erzählten sich lieber Männer-Witze und tauschten Backrezepte, was wiederum den älteren Herren am rechten Bildrand zunehmend verärgerte. Er war bereits ganz zu Beginn der Veranstaltung und danach wiederholt für den Kellner gehalten worden und hatte zum Zeitpunkt dieser Aufnahme bereits beschlossen, nie wieder an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen.

Wie dem auch sei: der Ausgang der Veranstaltung ist bekannt. Wegen eines eilig heranziehenden und sich im Anschluss heftig entladenden Gewitters musste der Rest des Abends leider im Saal stattfinden. Letztlich konnte kein Sieger gekürt werden, da einzelne Gäste sich beharrlich weigerten vorzutragen, andere dazu zu betrunken waren und generell der Saal und das gesamte Gebäude so vernebelt vom Tabakqualm, dass ein Großteil der Jurymitglieder und Zuhörer nicht in der Lage waren, ihre für sie vorgesehenen Plätze zu finden und einzunehmen.
So musste und muss es vorläufig bei der Vorfreude auf das nächste Jahr bleiben, wenn hoffentlich wieder zahlreiche Kandidaten ihren Weg finden- ins Hotel le stylo gris.

(zu sehen sind:
Obere Reihe von links nach rechts: Georg Trakl, Franz Kafka, Thomas Mann, Wolfgang Borchert, Gottfried Benn, Elias Canetti, Jack Kerouac, Hugo Ball, Max Frisch, Else Lasker-Schüler, Klabund
Davor, sitzend: Oscar Wilde, Paul Celan, Bert Brecht, Ingeborg Bachmann

Vorne: Dylan Thomas, Sylvia Plath, Wolfgang Koeppen)

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(K)ein Liebesroman: Interview mit der Autorin Sabine Wirsching

hand_feder_04Ich freue mich, heute meine kleine Reihe mit Autoren-Interviews fortsetzen zu können. Erneut hat sich eine junge Autorin meinen Fragen gestellt, die kurz vor einem ganz großen Schritt steht- dem Ersten nämlich!
Sabine Wirsching ist gelernte Buchhändlerin (eine Kollegin also, schön!), studierte Germanistik- und Kulturwissenschaft an der Universität Bremen und ist mittlerweile äußerst umtriebig sowohl als Bloggerin (http://sabinewirsching.com) als auch als Texterin und Musikjournalistin unterwegs, u.a. ehemals als Chefredakteurin des Valve Online Music Magazine jetzt für DYNAMITE.

Heute, am 15.09., startet also Sabines großes Projekt: das Funding, das am Ende hoffentlich zur Veröffentlichung ihres Manuskriptes DRUCKSTAUEFFEKT- Soundcheck Berlin führen wird. Der kladde buchverlag aus Freiburg, mit dem sie dieses Unternehmen startet, ist der erste Verlag, der sein Programm komplett über crowdfunding finanziert. Interessierte Leser und Unterstützer können also bis zum 09.11. die erforderliche Summe für den Druck der Bücher beitragen und den Druck des Buches ermöglichen- und erhalten je nach Betrag eine ansprechende Gegenleistung: vom signierten Vorab-Exemplar über die namentliche Nennung im Buch bis zum persönlichen Event in privatem Rahmen. Dabei bietet kladde hochwertige Materialien und ein interessantes neues Vertriebs- und Marketingkonzept. Darüber führte ich dereinst ein Interview mit Verleger Jonas Navid Mehrabanian Al-Nemri, in dem er das Ganze ausführlich erklärt.
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kladde

Auf der Seite  http://www.visionbakery.com/druckstaueffekt gibt es dann jede Menge Informationen zu Sabine Wirsching und das Projekt: eine Leseprobe, Hintergründe und ein wirklich einmaliges Video, das das Ansehen definitiv lohnt! Dass sich auch das Mitmachen und Unterstützen lohnt, können wir hoffentlich auch mit diesem kleinen Interview unter Beweis stellen.
  (c) Justine Hogh
foto: Justine Hogh
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Interview

Sabine, du bist sicher ziemlich hibbelig vor diesem Montag, den 15.09.2014, nicht wahr?-Erzähl doch mal kurz warum.
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Eigentlich  bin ich schon seit mindestens zwei Wochen hibbelig… denn nach fast drei Monaten ist jetzt alles an Vorbereitung getan und ich kann nur noch  warten, dass das Crowdfunding losgeht und das Projekt hoffentlich  erfolgreich wird! Jetzt kann ich nichts mehr machen, oder zumindest  nicht viel, und pure Geduld ist etwas, das nicht gerade zu meinen  Tugenden gehört. Also: Jaaaaaa! Verdammt hibbelig! 
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Ist ja auch ein wichtiger Schritt zu deinem Buch! Bevor wir aber zum Funding und zum Konzept von kladde kommen, möchte ich erst ein paar allgemeine Fragen stellen. Das erste Buch ist ja auch ohne den spannenden Publikationsweg eine interessante Geschichte. Ich stell dir hier jetzt mal eine virtuelle Rührschüssel hier hin -bittesehr- und du wirfst mir mal alle Zutaten deines Romans hinein, mit denen nach kräftigem Umrühren  genau dein Buch herauskommt- nix vergessen, bitte!
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Dummheit. Sex. Liebe. Verlust, Angst und (Wieder-)Finden. Das Wunder neuer Chancen. Die Suche nach sich selbst und der Irrglaube, sich durch eine andere Person zu finden. Und eine ganze Menge Berlin!
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Das ist schon mal eine bunte Mischung, die Appetit macht- aber mir ist das noch ein wenig zu unspezifisch. Ein Liebesroman also? Eine Sinnsuche? Welche Rolle spielt Berlin? Vielleicht kannst du für uns, wie es die Verlagslektoren so gern haben, einmal die Handlung in zwei, drei Sätzen skizzieren?
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Kein Liebesroman – das haben wir bei Visionbakery ja direkt als Genre angegeben (lacht). 
Na klar geht es um Liebe, aber nach dem beliebten Berliner Ja-Nein-Vielleicht-Modell: Heute ist dieser Typ toll, morgen der nächste – es wird nichts mehr festgelegt, was einerseits großartige Freiheit bedeutet, aber andererseits auch Großstadtnächte voller Zweifel und Einsamkeit.  Meine Protagonistin macht das nach einer Trennung (die vielleicht doch keine ist), mehrfach durch. Im Prinzip hätte ich den Roman auch „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Berliner zur Paarungszeit“ nennen können, aber den Titel gibt’s ja leider schon. 
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Und Berlin? Könnte das alles in Bielefeld oder Bergisch Gladbach nicht stattfinden?
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Nein. Vielleicht ginge eine Großstadt wie Hamburg oder Köln oder München auch, aber in Berlin liegen Wahnsinn und wunderbar näher zusammen als irgendwo sonst. Nur Großstädte bieten die Freiheit, wie meine Protagonistin ein promiskuitives Lebenskonzept zu testen, ohne dass Nachbarn oder Freunde sich das Maul zerreißen. Und diese Freiheit ist die Grundlage des Romans – die Selbstverständlichkeit und die Möglichkeiten, die nur das Großstadtleben bietet. Außerdem hab ich mittlerweile mein Herz in Berlin, das wird in dem zweiten Roman, an dem ich zur Zeit schreibe, noch viel deutlicher zum Tragen kommen.
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Ich verstehe. Und jetzt noch bitte ein paar literarische Einflüsse, ohne die die Autorin Sabine W. nicht so klingen würde, wie sie es heute tut…..
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George Orwell – keiner kann so undramatisch, präzise und klar erzählen wie er. Und: Er schreibt immer nur über das, was er kennt, das merkt man beim Lesen. Er ist immer authentisch und deswegen ein großes Vorbild.
Und Karen Duve. Für sie gilt eigentlich dasselbe, außer dass sie noch eine gehörige Portion schwarzen Humor draufpackt, die ich so noch bei keinem und keiner anderen wiedergefunden habe.
Außerdem seien Selim Özdogan und – bitte jetzt lachen! – Hera Lind genannt. Ihre frühen Bücher wie „Ein Mann für jede Tonart“ haben mich sehr getröstet als ich feststellen musste, dass ich eher ein Frauenbuch geschrieben habe. Denn im Gegensatz zu den Kürthys und wie sie alle heißen, hat die früher Hera Lind Witz, Schlagfertigkeit und Originalität. Ein Frauenbuch muss nicht pink & peinlich sein, das hat sie mir gezeigt (und vermutlich auch mein Geschlechterrollenbild nicht unwesentlich mitgeprägt, leider)
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Na, das verspricht ja einen interessanten Ton!
Wenn ich jetzt Klappentext-Schreiber wäre und mich für die Formulierung:
„So präzise wie Orwell, so schwarzhumorig wie Karen Duve und so schlagfertig wie Hera Lind!“ hinten auf Druckstaueffekt entscheiden würde- hättest du Bauchschmerzen oder würdest du es durchwinken?
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… oh Gott, dann würde ich in Ohnmacht fallen vor Freude. Vor Ehre! Vor allem! das würde ich mir auf die Stirn tätowieren und auf den Grabstein schreiben lassen! Aber ernsthaft: Wenn ich da jemals hinkomme, wäre das toll. Aber im Moment würde ich da doch noch auf die Bremse treten – das wäre ja, als wenn man seine Schauspielerkarriere mit „Titanic“ anfängt: Das zu toppen wird schwierig und ich will mich ja noch steigern.
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Du bist ja auch als Bloggerin und Journalistin unterwegs- kannst du Unterschiede zwischen dem journalistischen und literarischen Schreiben benennen?
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Bei Fiktion schreibe ich, wie mir Schnabel, Gefühl & Kopf gewachsen sind. Beim Journalismus habe ich noch unfassbar viel zu lernen – hier muss man viel offener rangehen und sich selbst deutlich zurücknehmen. Außerdem ist es noch wichtiger, den Leser bei der Stange zu halten, voll informiert zu sein und weder moralisch, noch sonstwie den Besserwisser zu machen.
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Wenn Fiktion ein Monolog ist, dann ist Journalismus mindestens ein Dialog: Und zwar nicht nur zwischen mir und dem Interviewpartner, sondern idealerweise auch mit dem Leser. Und von meinem Mentor kriege ich meistens auch noch Zunder (lacht). Was beide gemeinsam haben ist, dass ich teilweise wochenlang an einem Text arbeite, bis jedes Wort stimmt.
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Dein Buch soll also per crowdfunding finanziert werden! Die Idee ist mir persönlich ja nicht ganz neu. (Einige werden es mitbekommen haben.) Ich liste jetzt einfach mal die häufigsten Fragen und Einwände auf, die ich im Zusammenhang mit dem Konzept in letzter Zeit so vernommen habe- offenbar ist das Prinzip crowdfunding in der Verlagswelt und beim klassischen Leser tatsächlich noch sehr unbekannt.
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Also A: „Das ist doch selfpublishing!“
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Nein, es ist genau das Gegenteil. Der kladde|buchverlag fungiert ja nicht einfach als Druckerei, wie das bei selfpublishing der Fall wäre. Sie liefert stattdessen von Lektorat bis Distribution alle traditionellen Verlags-Dienstleistungen. Nur die Finanzierung ist eine andere.
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B: „Auf der Fundingseite steht, ihr braucht über 5000 Euro- das ist doch viel zu teuer! Bei book on demand kannst du das viel billiger machen!“
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Der Buchhändler in mir möchte den „Druckstaueffekt“ stapelweise im Laden sehen. Das passiert mit BOD nicht, in der Regel, außerdem sind BODs oft ziemlich hässlich. Ja, es geht billiger, aber ich wünsche mir Qualität und die hat ihren Preis. Der mit 5.000 Euro obendrein noch ziemlich fair angesetzt ist, übrigens.
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C: “ Warum soll ich mehr für ein Buch zahlen, als es später im Laden kostet?“
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Wieso mehr? Wenn du dein Buch über die Crowdfundingaktion beziehst, zahlst du dan Subskriptionsregelung sogar nur 12 statt der später im Laden angesetzten 15 Euro. Für alle, die das Projekt mit mehr Geld unterstützen möchten, gibt es verschiedene zusätzliche Gegenleistungen – aber wieviel man gibt, entscheidet jeder selbst.
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D: „Und wenn das Projekt scheitert, ist mein Geld weg, oder was?“
Nein. Die Einzige, die dann in die Röhre guckt, bin ich (lacht). Alle Supporter bekommen in diesem Fall ihr Geld zurück. Crowdfunding ist ein Win-Win-Konzept: Entweder man bekommt die gewünschte Gegenleistung oder kriegt sein Geld wieder. No risk, but fun!
 
Der kladde buchverlag hat ja in den letzten Monaten schon ein paar Titel präsentiert, von denen ein Berlin-Buch des Autors Ulrich Pätzold erfolgreich finanziert wurde und gerade erschienen ist. Allerdings hatte ich auf meinem Blog auch bereits zwei Autorinnen zu Gast, deren Bücher auf diesem Weg nicht finanziert wurden und auch für mein eigenes Wilde/Hamsun-Projekt hat es trotz eines guten Ergebnisse letztlich nicht gereicht. Wie schätzt du denn deine Chancen ein und wovon hängt deines Erachtens der Erfolg der kladde-Idee ab (generell und für dich im Besonderen)?
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Ich denke, es ist ein großer Fehler zu denken, dass beim Crowdfunding die „crowd“ bereits vorhanden ist und mit vollen Portemonnaies nur auf neue Projekte wartet. Vielleicht wird das irgendwann mal so sein, aber zur Zeit ist das Konzept einfach noch zu unbekannt. Deswegen kann man gar nicht früh genug anfangen, sich eine eigene „crowd“ zu schaffen: Man muss viel Aufklärungsarbeit betreiben und mit seiner Begeisterung gegen Vorurteile wie schnorren, selfpublishing etc. ankämpfen. Außerdem muss man dafür sorgen, dass sich das Projekt ausbreitet, und zwar über den eigenen Freundeskreis hinaus. 
Ich habe das große, das riesengroße Glück, über meinen Blog und vor allem über meine Tätigkeit als Musikjournalistin ein paar Triggermenschen zu kennen – also Menschen, die von ihren Fans und Freunden als „Meinungsmacher“ anerkannt sind. Wenn ich es schaffe, sie von meinem Projekt zu überzeugen, werden ihrerseits sie überzeugend sein und die Aktion bekannt machen.  Und ein paar davon, etwa den Singer-Songwriter John Allen, die Sängerin Amanda Palmer, die Berliner Band Bonsai Kitten oder Tilmann, den Chef des Rockabilly-Magazins DYNAMITE, konnte ich schon ins Boot holen. Außerdem habe ich  ein paar wirklich rührige  Freunde, denen ich bereits mehr Dankbarkeit schuldig bin als ich im  Leben Zeit zum Verbeugen haben werde – angefangen von meinem Lektor Alexander Winter über das Modellabel Allet Schräg bis zu meinen geschätzten Blogkollegen.
  –
Ich wünsche dir so sehr, dass es klappt. Du bist ja sicher nicht seit gestern mit diesem Text zugange. viele unterschätzen, wie lang und wie intensiv man sich nach dem Schreiben noch mit dem eigenen Buch beschäftigt. Hast du vorher schon versucht gehabt, dein Manuskript bei „normalen“ Verlagen unterzubringen und warum hast du dich letztlich für kladde erschienen.
  –
Ich hatte mich ein bisschen schlaugemacht, ob eine Direkteinsendung an Verlage überhaupt noch Sinn macht. Die meisten haben ja so etwas wie „Unverlang eingesandte Manuskripte schmeißen wir ungelesen in die Tonne“ auf ihrer Homepage stehen. Also habe ich mein Manuskript an etwa 15 Berliner Literaturagenturen geschickt – mit ähnlichem Erfolg. Bei einer Agentur rief mich eine sehr begeisterte Vor-Lektorin an (der Stimme nach war sie zwischen 25 und 35, also genau meine Zielgruppe) und teilte mir mit, dass ich es in die nächste Runde geschafft habe, aber die reifen Damen mit Entscheidungsmacht haben mich dann trotzdem gelehnt. Danach war ich ziemlich entmutigt und sah mich schon ein E-Book rausbringen. Das wäre Plan C gewesen und als Buchhändler ist ein Buch etwas mit Seiten, nix mit Bits & Bytes. Hier möchte ich aus vollstem Herzen zustimmen, Frau Kollegin! Wobei man ja sagen muss: kladde macht beides!
Doch dann sah ich den Blogpost zu deinem Projekt, lieber Matthias! Ich mochte Crowdfunding sowieso, weil es die alten Strukturen aufbricht und neue Chancen bietet, und da hab ich es einfach mal probiert. Mein Anschreiben an den kladde-Verlag war vor lauter Mutlosigkeit allerdings ziemlich schnodderig… so nach dem Motto: Tja, wenn’s euch auch nicht gefällt, ist es wohl scheiße, verdammt.
Aber dann kam die Antwort: Liebe Sabine, deine Geschichte ist wie ein Songtext, wir würden gern was mit dir starten. Ich war superglücklich und bin’s immer noch, denn als Kontrollfreak bin ich bei so einem Projekt mit viel Selbstbeteiligung genau richtig (lacht).
  –
Meine letzte Frage: In deinem wunderbaren Fundingvideo zeigst du, was du tust, wenn das Funding erfolgreich ist…ich verrat es nicht, das sollen sich die Leute lieber selbst ansehen! Damit es so kommt……noch einmal in EINEM Satz: Warum muss Druckstaueffekt erscheinen? Was wird es dem Leser geben?
  –
Abgesehen davon, dass die Veröffentlichung natürlich mein privater Wunsch ist, kann ich nur zitieren, was mir vor ein paar Wochen eine Testleserin gesagt hat: „Ich musste bei vielen Stellen an mich selbst denken und hab mich gefragt, wie viel von mir dann auch im Rest stecken könnte.“ Es dreht sich neben einer sehr persönlichen (Nicht)Liebesgeschichte ganz nebenbei auch um persönliche und auch sexuelle Freiheit. Und wie kostbar sie sein kann, wenn man sie zu schätzen weiß, anstatt sie zu verschwenden. Denn im Verschwenden sind die Berliner nun mal einsame Spitze (lacht).
  –
DAS ist ein sehr schöner Schlußsatz! Liebe Sabine, ich wünsche dir allen Erfolg mit dem Projekt und danke dir für dieses Gespräch!
  –
Ich danke dir! Für das Interview und den Stein, der dieses ganze Projekt überhaupt ins Rollen brachte…

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Eisblumen-Lesung: ein wenig Presse I

Die erste Veranstaltung 2014. Gestern nachmittag lauschten knapp 60 ZuhörerInnen „eisiger“ Literatur vorm Kamin der Stadtbücherei Steinfurt. Gemeinsam mit Jan Tobias Kitzel und David Wonschwski gestaltete ich den literarischen Nachmittag „Eisblumen“, zu dem das Wetter noch gerade pünktlich von Vor-Frühling auf „echten“ Winter umgeschaltet hatte.

Ich gebe zu: meine Gedichte stellten die Anwesenden vor die ein oder andere Herausforderung….
Wenn mein neuer Roman rund um Oscar und Knut erscheint, wird es kurzweiliger. Versprochen!

Dennoch ein schöner Nachmittag und ein abwechslungsreicher Start in das Lesejahr!

Im Folgenden zwei Artikel von heute:

Winterliche Lesung mit drei Autoren:
„Eiszeit“ in der Bücherei

Manche Zuhörer hätten am Sonntagnachmittag in der Stadtbücherei am liebsten Mütze und Schal vom Garderobenhaken geholt. Doch das lag keineswegs an einer defekten Heizung sondern am Kurzgeschichten-Buch „Frostzeit“, aus dem Jan-Tobias Kitzel vorlas.

 Ein unterhaltsames Autoren-Trio in der Bücherei: David Wonschewski, Matthias Engels und Jan-Tobias Kitzel (v.l.) Foto Rainer Nix

Neben ihm gaben zwei weitere junge Autoren Kostproben ihres Schaffens: Matthias Engels und David Wonschewski. Die Lesung war eine Kooperation von Bücherei und Kunstverein. Dazu begrüßte Bibliotheksleiterin Monika Frieling die Autoren und ihr zahlreiches Publikum. Claudia Mertins vom Kunstverein stellte die drei Schriftsteller kurz vor.

Schon der Titel des literarischen Nachmittags, „Eisblumen“, verhieß Winterliches.

 Horror-Visionen

Kitzel, Jahrgang 1980 und Banker von Beruf, lebt heute mit seiner Familie in Bochum. Seiner Feder entstammt ein düsteres Science-Fiction-Szenario, in dem Wissenschaftler die globale Erwärmung stoppen wollen und dabei Wettergott spielen. Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Die Versuche gehen gründlich schief, und eine neue Eiszeit kündigt sich an.

In der Kurzgeschichte „Afrika“ kämpfen Britta und ihre kleine Tochter Melinda auf dem Weg nach Afrika um ihr Leben. Dort soll es ein Domizil für Flüchtlinge geben, außerdem heißt es, die Eiszeit komme nicht bis zum schwarzen Kontinent. Kitzel beeindruckte durch seine Liebe zum Detail und seine ausgefeilte Metaphorik: „Das allgegenwärtige Weiß fraß die Zeit“. Seine eindringlich-bedrückenden Schilderungen machten das Publikum zum Teil der Handlung.

 Schwere Kost

Matthias Engels, Jahrgang 1975, lebt mit seiner Familie in Borghorst und ist in Münster als Buchhändler tätig. Er las schon häufiger vor dem Kamin der Bücherei. Sein Lyrik-Band „Dingfest“ entstand in Zusammenarbeit mit dem Künstler Walter Brusius. Dieser steuerte Foto-Collagen bei. Brillant geschrieben, sind die surrealistisch-vielschichtigen Verse teilweise eine Herausforderung für das Publikum: „Ich verlasse die Luftbrücke, pflücke meine Irrtümer, im Garten mit den Gängen aus garstigen Hecken“, heißt es da zum Beispiel in dem Gedicht „Bloß kein Zauberwort“.

Beifall erntete Engels vor allem für ein Märchen, das in der Zeit spielt, „als die Tiefseekabel dem Quastenflosser noch fremd waren“ und „als die Sonne noch nicht tödlich und Leben noch kein Infarktrisiko war.“

 Rabenschwarzer Humor

Tiefschwarzen Humor bewies David Wonschewski, Jahrgang 1977, in Berlin lebender Musikjournalist. Sein Buch „Schwarzer Frost“ handelt – Ähnlichkeiten wären rein zufällig – von eben einem solchen Medienschaffenden. Dieser vom Pessimismus gebeutelte Mann geht an seinen eigenen Gedankenspielen zugrunde. Bis dahin beweist er allerdings eine phänomenale Beobachtungsgabe. Dabei driftet er mehr und mehr in den Verfolgungswahn ab.

Geradezu besessen ist er von seinem nervigen Kollegen Lohwald, dessen Tod er wünscht. Der Bedauernswerte zerfleischt sich in selbstzerstörerischen inneren Monologen. Ein im Grunde ernstes Thema, das allerdings äußerst unterhaltsam aufbereitet wurde.

Winterliche Lesung mit drei Autoren „Eiszeit“ in der BüchereiBurgsteinfurt Manche Zuhörer hätten am Sonntagnachmittag in der Stadtbücherei am liebsten Mütze und Schal vom Garderobenhaken geholt. Doch das lag keineswegs an einer defekten Heizung sondern am Kurzgeschichten-Buch „Frostzeit“, aus dem Jan-Tobias Kitzel vorlas.
Artikel druckenEin unterhaltsames Autoren-Trio in der Bücherei: David Wonschewski, Matthias Engels und Jan-Tobias Kitzel (v.l.)Ein unterhaltsames Autoren-Trio in der Bücherei: David Wonschewski, Matthias Engels und Jan-Tobias Kitzel (v.l.) Foto Rainer Nix

Neben ihm gaben zwei weitere junge Autoren Kostproben ihres Schaffens: Matthias Engels und David Wonschewski. Die Lesung war eine Kooperation von Bücherei und Kunstverein. Dazu begrüßte Bibliotheksleiterin Monika Frieling die Autoren und ihr zahlreiches Publikum. Claudia Mertins vom Kunstverein stellte die drei Schriftsteller kurz vor.

Schon der Titel des literarischen Nachmittags, „Eisblumen“, verhieß Winterliches.

Horror-Visionen

Kitzel, Jahrgang 1980 und Banker von Beruf, lebt heute mit seiner Familie in Bochum. Seiner Feder entstammt ein düsteres Science-Fiction-Szenario, in dem Wissenschaftler die globale Erwärmung stoppen wollen und dabei Wettergott spielen. Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Die Versuche gehen gründlich schief, und eine neue Eiszeit kündigt sich an.

In der Kurzgeschichte „Afrika“ kämpfen Britta und ihre kleine Tochter Melinda auf dem Weg nach Afrika um ihr Leben. Dort soll es ein Domizil für Flüchtlinge geben, außerdem heißt es, die Eiszeit komme nicht bis zum schwarzen Kontinent. Kitzel beeindruckte durch seine Liebe zum Detail und seine ausgefeilte Metaphorik: „Das allgegenwärtige Weiß fraß die Zeit“. Seine eindringlich-bedrückenden Schilderungen machten das Publikum zum Teil der Handlung.

Schwere Kost

Matthias Engels, Jahrgang 1975, lebt mit seiner Familie in Borghorst und ist in Münster als Buchhändler tätig. Er las schon häufiger vor dem Kamin der Bücherei. Sein Lyrik-Band „Dingfest“ entstand in Zusammenarbeit mit dem Künstler Walter Brusius. Dieser steuerte Foto-Collagen bei. Brillant geschrieben, sind die surrealistisch-vielschichtigen Verse teilweise eine Herausforderung für das Publikum: „Ich verlasse die Luftbrücke, pflücke meine Irrtümer, im Garten mit den Gängen aus garstigen Hecken“, heißt es da zum Beispiel in dem Gedicht „Bloß kein Zauberwort“.

Beifall erntete Engels vor allem für ein Märchen, das in der Zeit spielt, „als die Tiefseekabel dem Quastenflosser noch fremd waren“ und „als die Sonne noch nicht tödlich und Leben noch kein Infarktrisiko war.“

Rabenschwarzer Humor

Tiefschwarzen Humor bewies David Wonschewski, Jahrgang 1977, in Berlin lebender Musikjournalist. Sein Buch „Schwarzer Frost“ handelt – Ähnlichkeiten wären rein zufällig – von eben einem solchen Medienschaffenden. Dieser vom Pessimismus gebeutelte Mann geht an seinen eigenen Gedankenspielen zugrunde. Bis dahin beweist er allerdings eine phänomenale Beobachtungsgabe. Dabei driftet er mehr und mehr in den Verfolgungswahn ab.

Geradezu besessen ist er von seinem nervigen Kollegen Lohwald, dessen Tod er wünscht. Der Bedauernswerte zerfleischt sich in selbstzerstörerischen inneren Monologen. Ein im Grunde ernstes Thema, das allerdings äußerst unterhaltsam aufbereitet wurde.

Winterliche Lesung mit drei Autoren: „Eiszeit“ in der Bücherei – Münstersche Zeitung – Lesen Sie mehr auf:
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