…war einmal die Antwort des großen Wolfgang Koeppen auf die immer wiederkehrende Frage nach dem „großen“ Roman, der in den mehr als 40 Jahren nach Koeppens in den frühen 50er Jahren erschienenen 3 Romanen niemals kam, obwohl er ihn in regelmäßigen Abständen und unter verschiedensten Titeln immer wieder als „fast fertig“ ankündigte.
Koeppen, der aufgrund von „Tauben im Gras“, „Das Treibhaus“ und „Tod in Rom“ als einer der größten Stilisten der deutschen Nachkriegsliteratur gilt, lebte bis zu seinem Tode von Aufträgen für Reisereportagen und Zuwendungen seines Verlegers und Freunden.
Koeppens jahrzehntelanges Scheitern am „großen“ Roman war vielen unverständlich. Auf Nachfragen, was er den ganzen Tag tue und ob er arbeite, antwortete er auch gern: „Oh, ich bin sehr beschäftigt.“ Auf die Frage: „Womit?“ entgegnete er dann: „Das weiß ich nicht.“
Letztlich lag es wohl in Koeppens Anspruch an sich selbst UND in seinen privaten Umständen begründet. In heikler finanzieller Lage lebte Koeppen in ständig angespannter Situation mit seiner alkohol- und tablettensüchtigen Ehefrau zusammen. Der Erwartungsdruck des Publikums und der Kritik tat sein Übriges. In der Zeit seines „Schweigens“ erschienen allerdings großartige Bücher wie seine Reportagensammlung: Nach Russland und anderswohin und die autobiographische Prosa: Jugend.
Nur der „große“ Roman- kam eben nicht.
Sehr schön!
Vielen Dank, „Herr Goldberg“. Wie stehen wir denn zu Koeppen, na?
Ich muss ehrlich sagen, dass ich von Koeppen bisher kaum etwas kenne… Aber ich habe hier „Die elenden Skribenten“ von ihm, eine Aufsatzsammlung, herausgegeben von Marcel R.-R.; hatte ich vor kurzem tatsächlich mal in die Hand genommen und gedacht: „könnte ich mal lesen“. Vielleicht mache ich das demnächst und kann Ihnen dann mehr zu meiner Haltung gegenüber jenem Herrn mitteilen. Bisher war mir vor allem eben jene biographische Besonderheit seines „Schweigens“ bekannt – und das fand ich irgendwie immer schon schön. Als Bild. So rein ästhetisch betrachtet. Hm. Versteht man mich?
Das wäre eine gute Idee, denn die „Skribenten“ sind eines der wunderbaren Bücher, die K. während seines „Schweigens“ verfasste. Das Schweigen oder besser: Verstummen eines Schriftstellers ist natürlich ein pikantes Paradox- es gibt da ja so einige Kandidaten ([Notiz an mich selbst]könnte man glatt mal für einen Beitrag sammeln)…Meist, wie bei Koeppen, liegt dem dann doch nichts mysteriöses oder heroisches zugrunde, sondern schlicht: das Leben und die Umstände…So lesen Sie, Herr Goldberg, „Das Treibhaus“ mit seiner wunderbaren frühen Schärfe gegen das Wirtschaftswunder-Deutschland und Adenauer; das großartige „Tauben im Gras“ und die glitzernde Prosa: Jugend- mit einigen der schönsten, schwindelig spielenden Sätzen der deutschen Literatur ever, wie ich finde….Alles Gute und Dank für Interesse wie Austausch. Glück auf!
Das haben Sie alles sehr schön gesagt, Herr Engels! Und mich neugierig gemacht. In näherer Zukunft werde ich mich also sicherlich mit diesen elenden Skribenten einlassen. – Koeppen: Sehr beschäftigt sein, ohne zu wissen, womit. Schön. Und wenn nebenher auch noch die eine oder andere Aufsatzsammlung oder dergleichen abfällt – umso besser. Ja, das Leben und die Umstände haben bisweilen großes ästhetisches Potential. In gewisser Hinsicht. Wenn man versteht, was ich meine… Hm. Jedenfalls, der Austausch ist mir eine Freude!
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